2017 haben sich in Deutschland rund 7500 Menschen mit Syphilis angesteckt – vor allem Männer. In der Regel wird die Krankheit beim Sex übertragen, die Zahlen steigen. Wir sprechen mit Viviane Bremer vom Robert Koch Institut darüber, was genau Syphilis mit unserem Körper macht und wie wir uns schützen können.

Viviane Bremer sagt, dass die Wissenschaftler am Robert Koch Institut bereits seit mehreren Jahren einen Anstieg bei Syphilisinfektionen beobachten – in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern. Das liegt laut den Wissenschaftlern, die sich mit Infektionskrankheiten beschäftigen, unter anderem daran, dass die Angst vor HIV zurückgegangen ist.

"Einen Grund, den wir für diesen Anstieg sehen ist, dass Männer, die Sex mit Männern haben, die Angst vor HIV ein bisschen verloren haben und das Kondom häufig auch mal weglassen."
Viviane Bremer, Robert Koch Institut

Der Grund für die schwindende Angst vor HIV liegt im Fortschritt der Medizin. Während HIV vor 20 Jahren noch ein Todesurteil war, habe sich die Therapie inzwischen so sehr verbessert, dass Infizierte – wenn sie Medikamente nehmen und gut eingestellt sind – den Virus nicht mehr weitergeben. 

"Es ist so, dass man mit HIV ungeschützten Sex haben kann, wenn man gut therapiert ist – ohne die Krankheit weiterzugeben."
Viviane Bremer, Robert Koch Institut

Syphilis ist vor allem verbreitet unter bi- und homosexuellen Männern. In diesem Bereich sei die Krankheit auch nie ganz verschwunden gewesen, so Viviane Bremer. Besonders in Großstädten, wo Menschen die Gelegenheit haben, mit vielen unterschiedlichen Partnern Sex zu haben, gebe es ein erhöhtes Risiko, sich mit Syphilis anzustecken.

Die Syphilis gilt als das "Chamäleon der Medizin"

Menschen, die sich mit Syphilis anstecken, können jahrelang mit der Krankheit leben, ohne dass sie bemerkt wird. Viviane Bremer erklärt, dass es daran liegt, weil die Krankheit schwer zu erkennen ist – sie werde deswegen auch als das Chamäleon in der Medizin bezeichnet. Syphilis kann sehr unterschiedliche Krankheitsbilder hervorrufen, zum Beispiel können Organe befallen sein, manchmal äußert sich die sexuell übertragbare Krankheit durch einen Hautausschlag und manchmal sind Fieber und Abgeschlagenheit die Symptome. Manchmal können selbst Ärzte diese Symptome nicht richtig deuten und stellen eine falsche Diagnose.

Tests können die Geschlechtskrankheit erkennen

Es gibt einen Schnelltest, um zu prüfen, ob eine Syphilis vorliegt. Das Problem: Dieser Test ist nur valide, wenn die betroffene Person noch nie eine Syphilis hatte. Sprich: Der Test zeigt an, ob der Körper jemals von Syphilis befallen war. Für Menschen, die ein zweites Mal mit dieser Krankheit zu tun haben, bringt der Test also nichts. Es gibt aber auch andere Tests, mit deren Hilfe sich feststellen lässt, ob die Syphilis aktiv ist und behandelt werden muss.

"Je frischer die Syphilis entdeckt ist, desto weniger aufwändig ist die Therapie."
Viviane Bremer, Robert Koch Institut

Wer die Diagnose Syphilis bekommt, hat Glück im Unglück, denn die Geschlechtskrankheit lässt sich mit Penicillin behandeln. Je länger es jedoch dauert, bis die Krankheit entdeckt und behandelt wird, desto mehr zieht sich die Therapie auch in die Länge, erklärt Viviane Bremer. Im schlimmsten Fall können dann auch Organe befallen werden, das Nervensystem oder das Herz-Kreislauf-System. Bremer sagt aber auch: "Glücklicherweise kann man sagen, dass solche Schäden recht selten beobachtet werden in Deutschland."

Die schlechte Nachricht: Auch mit Kondom können wir uns anstecken. Und auch beim Oralsex ist die Ansteckungsgefahr hoch, denn in den seltensten Fällen werde bei Oralsex ein Kondom verwendet, so Bremer.

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Shownotes
Sexuell übertragbare Krankheiten
Selbst Kondome schützen nicht immer vor Syphilis
vom 16. November 2018
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Viviane Becker, Robert Koch Institut, Abteilung Infektionsepidemiologie