Zwei heftige Kälteeinbrüche und weg war er. Forscher weisen mit Indizien nach, dass der Neandertaler wegen Temperaturstürzen ausgestorben ist. Wir haben mit einem beteiligten Geologen gesprochen.
Wir von der Art des Homo sapiens haben es wohl einem Klimawandel zu verdanken, dass es uns heute überhaupt so zahlreich gibt. Denn vor 40.000 und 45.000 Jahren gab es zwei heftige Kälteeinbrüche. Wissenschaftler, unter anderem von der Universität Köln, haben sie in Zusammenhang mit dem Rückgang und späteren Verschwinden der Neandertaler-Population gebracht. Die Ergebnisse hat die US-amerikanische Akademie der Wissenschaften PNAS veröffentlicht.
Vor rund 40.000 Jahren lebten zwei Menschenarten: der Neandertaler und der Homo sapiens, letzterer blieb übrig.
Klimaspuren in Stalagmiten
Der Geologe Michael Staubwasser gehört zu einem internationalen Team, das die Verbindung zwischen Klimawandel und Population der Menschenarten hergestellt hat. Ihr wichtigstes Instrument in Köln: die Massenspektrometrie.
Ihnen stehen im Labor des Instituts für Geologie und Mineralogie der Uni Köln Geräte der neuesten Generation zur Verfügung. Michael Staubwasser hat kleinste Proben von zwei Stalagmiten untersucht. Die Tropfsteine stammen aus rumänischen Höhlen. Jeder Stalagmit erzählt die Geschichte des Weltklimas – über zehntausende von Jahren.
Millionen von Tropfen haben den Stalagmiten wachsen lassen. Jeder einzelne weist ein eigenes Verhältnis von Kohlenstoff-Isotopen und bestimmten Sauerstoff-Isotopen auf.
"Wir nehmen die Stalagmiten, sägen sie auseinander. Dann werden ganz fein Lage für Lage mit dem Bohrer beprobt, und dann kommt das Pulver hier in dieses Probenkarussell."
Die Ablagerungen, auch Speläotheme genannt, lassen Rückschlüsse zu, wie warm oder kalt es zu einem bestimmten Zeitpunkt war. Nach mehreren Monaten des Bohrens, Messens und Rechnens, hat Michael Stauwasser eine Temperaturkurve zusammengestellt.
Innerhalb der weltweiten Kaltzeit gab es demnach für Europa zwei kurze Extreme. Eines vor 44.000 Jahren, eines vor gut 41.000 Jahren. Michael Staubwasser sucht also nach sogenannten kulturellen Lücken. Das sind Zeiträume, aus denen keinerlei Artefakte von Menschen gefunden worden sind. Er wurde fündig.
"Diese kulturellen Lücken sind zeitgleich mit den beiden besonders ausgeprägten Kälteereignissen, die wir in den Speläothemen gesehen haben", sagt er. Das heißt: Es gab vor allem dann wenig Menschen, als es besonders kalt war.
Als der Mensch zum Pflanzenfresser wurde
Der Klimawandel veränderte Europa. Aus Wäldern wurden Kältesteppen, und mit den niedrigen Temperaturen kam die Trockenheit. Der Neandertaler aß viel Fleisch. Als mit Kälte und Dürre zuerst der Wald und dann das Großwild verschwanden, verschwand schließlich auch der Neandertaler selbst - während der moderne Mensch eine deutlich diversere Nahrungsgrundlage hatte. Er hat auch Pflanzen gegessen.
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