Heute noch hot und morgen schon not! Der Mathematiker Jonathan Touboul von der US-amerikanischen Brandeis Universität hat errechnet, dass Hipster einem neuen Trend nachlaufen, bis er dann zum Mainstream wird.

Es ist kaum zu glauben, dass es berechenbar sein soll, wie sich die Menschen anziehen. Manche wollen ja modisch mitschwimmen und andere grenzen sich durch ihre Klamotten total ab. Der Mathematiker Jonathan Touboul hat untersucht und mathematisch modelliert, wie diese verschiedenen Gruppen mit Trends umgehen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass, wenn sich in einer konformen Gruppe eine andere Gruppe nonkonform verhält, es nicht lange dauert, bis diejenigen, die anders sein wollten, sich irgendwann innerhalb ihrer Gruppe dann doch angleichen. Die, die herausstechen wollen, ähneln sich also am Ende.

Vom Scheitern der Einzigartigkeit

Hipster verhalten sich zur Mode, wie Anleger im Aktienmarkt oder Autofahrer im Stau. Es ist ein ewiges Wechselspiel aus Abgrenzung und Anpassung. Frank Berzbach ist Kulturwissenschaftler an der Technischen Hochschule Köln und beschäftigt sich mit Kreativität, Mode und Trends, wie dem Hipstersein. Man wolle als Konsument einzigartig erscheinen, meint er - mache aber das, was andere einem vorleben. Das sei natürlich ein Paradox, so Berzbach.

"Das Paradox der Mode besteht ja darin, dass ich versuche, einzigartig zu sein, indem ich das mache, was alle machen."

Trends funktionieren darum immer nur so lange, bis sie so berühmt und bekannt sind, dass sie wieder out sind, sagt der Kulturwissenschaftler. Und dann komme schon der nächste Modezyklus.

Niemand will ein Hipster sein

Aber wie funktioniert das denn mit der Selbstwahrnehmung und der Fremdwahrnehmung bei Hipstern? Ein Beispiel: Die Zeitung Technology Review hat einen Artikel veröffentlicht, in dem es eben um die Berechenbarkeit der Hipsterbewegung ging. Daraufhin beschwerte sich ein Mann per Mail über ein Foto im Artikel. Das zeigte einen bärtigen Mittdreißiger mit Holzfällerhemd. In der Mail beschuldigte der Mann das Magazin, ihn in als Hipster verleumdet und das Bild ohne sein Einverständnis genutzt zu haben.

Der Witz: Es handelte sich um eine Verwechslung. Der Mann auf dem Bild war ein professionelles Model. Der Mailschreiber hatte sich offenbar äußerlich zum Hipster verwandelt, ohne das innerlich wahrhaben zu wollen. Frank Berzbach erklärt dazu, man könne der Mode eben nicht aus dem Weg gehen. Selbst, wenn man sich unmodisch zu kleiden versuche, wäre das ja immer noch eine Abgrenzung zu vorherrschenden Trends.

"Die Mode ist so eine Art Krake. Auch, wenn ich versuche, mich unmodisch zu kleiden, bin ich enorm abhängig davon, was die Mode diktiert."
Frank Berzbach, Kulturwissenschaftler an der Technischen Hochschule Köln

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Shownotes
Trends
Berechnen, was hip ist
vom 11. März 2019
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Autor: 
Stephan Beuting, Deutschlandfunk Nova