Anhänger Erdoğans wie die des Oppositionskandidaten Kılıçdaroğlu hoffen jeweils auf den Wahlsieg ihres Kandidaten. Türkische Staatsbürger und -bürgerinnen in Deutschland dürfen bereits ihre Stimme abgeben.
Am 14. Mai werden in der Türkei Präsident und Parlament gewählt. Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) tritt gegen den amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan (AKP) an. Der Herausforderer hat Umfragen zu Folge Chancen, eine Mehrheit der Stimmen für sich zu gewinnen und Erdoğan abzulösen, der das Land seit 21 Jahren regiert.
Rund 60 Millionen Wählerinnen und Wähler dürfen abstimmen, darunter auch die in Deutschland lebenden rund 1,5 Millionen türkische Staatsbürgerinnen und -bürger. Sie dürfen bereits vom 27. April bis zum 9. Mai ihre Stimme abgeben. "Die Community in Deutschland ist sehr stark gespalten, ich würde deswegen auch immer von Communities sprechen", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Luise Sammann
Traditionell, religiös, ländlich
Allgemein lasse sich festhalten, dass sich türkische Staatsbürger*innen in Deutschland eher nach allgemeinen Werten der Kandidaten und weniger nach zu erwartenden oder zurückliegenden sachpolitischen Entscheidungen richten, die sie im Ausland oft auch nur indirekt betreffen.
Recep Tayyip Erdoğan als religiöser Aufsteiger repräsentiere eher die ältere Generation von Gastarbeitern, die traditionell eher aus ländlichen, konservativ-traditionellen Strukturen kommt. Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2018 haben 65 Prozent der türkischen Staatsbürger*innen in Deutschland für Erdogan gestimmt – also ein deutlich höherer Anteil als in der Türkei selbst.
"Für Deutschtürken sind eher emotionale-ideelle Werte entscheidend als konkrete Politik."
Anders als bei der Wahl im Jahr 2018 sei es bislang nicht zu Wahlkampfauftritten in Deutschland gekommen – weitestgehend jedenfalls. Luise Sammann weist darauf hin, dass solche Veranstaltungen in Deutschland drei Monate vor der Wahl verboten sind.
"Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland kurz vor den Wahlen sind verboten und daran hält man sich tatsächlich."
Luise Sammann hat beobachtet, dass Kampagnen für Erdoğans AKP trotzdem laufen: in Moscheen, in Fußballvereinen und über Medien, die zum Erdogan-Netzwerk gehören und in Deutschland weit verbreitet sind.
Erdoğans Attraktivität für Junge
Türkische Staatsbürger*innen, die in der dritten oder vierten Generation in Deutschland leben, fühlen sich von Recep Tayyip Erdoğan angesprochen, sagt Migrationsexperte Yunus Ulusoy vom Zentrum für Türkeiforschung in Essen. Erdoğan verspreche eine unmittelbare Zugehörigkeit zu einem türkischen Volk.
"In einer Phase, wo sie womöglich in der Mehrheitsgesellschaft Ablehnung erfahren, entwickeln sie auch solche Trotzreaktionen."
Sogenannte New-Wave-Türkinnen und -Türken, werde Recep Tayyip Erdoğan sicher nicht erreichen, ist Luise Sammann überzeugt. Sie weist darauf hin, dass manche ganz bewusst wegen der AKP-Politik nach Deutschland gekommen seien, andere sogar deshalb fliehen mussten.