Gewerkschaften vertreten Arbeitnehmer - gerechte Arbeitszeiten, angemessene Bezahlung und so weiter. In den USA sind die aber nicht so weit verbreitet. Und besonders selten sind sie im hippen Silicon Valley.

Silicon Valley boomt. Ingenieure, Programmierer, für die Tech-Firmen arbeiten. Für die haben Gewerkschaften bisher kaum eine Rolle gespielt. Aber im Silicon Valley herrscht eine Zweiklassengesellschaft, erzählt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Marcus Schuller, der in den USA lebt. 

Unternehmen verhindern Gewerkschaften

Neben den hoch bezahlten Programmierern, arbeiten Millionen Menschen im Hintergrund und indirekt für die Tech-Industrie. Sie sind nicht fest bei Facebook, Apple, Google angestellt, sondern schuften für den Mindestlohn für Subunternehmer - Lieferanten, Putzkräfte, Köche. Menschen, die dort nur noch leben können, wenn sie zwei oder drei Jobs haben. Ein Entwickler bekommt im Schnitt 180.000 Euro pro Jahr, wird mit dem Pendelbus abgeholt, kann umsonst in der Kantine essen und bekommt die Wäsche gewaschen. Der braucht natürlich keine Interessenvertretung, sagt Marcus. 

"Wir haben es ausprobiert, aber sie haben es abgelehnt. Die Unternehmensführung erlaubt keine Gewerkschaft."
Onita, Fahrerin für Uber und Lift im Silicon Valley

Wenn die Gewerkschaften versuchen, Leute für sich zu gewinnen, werden sie geblockt. Nur 1,7 Prozent der technischen Berufe in den USA sind in Gewerkschaften organisiert. Bei Uber oder Lift wird es nicht gerne gesehen, wenn sie sich als Arbeitnehmer zusammenschließen. Diese Erfahrung hat auch Onita gemacht, sie fährt jeden Tag 12 bis 14 Stunden für Lift und Uber. Ihren Versuch, eine Gewerkschaft zu gründen, haben die Unternehmen abgelehnt. "Ich denke, wir kommen nicht weiter und sie führen uns an der Nase herum", sagt sie.

"​Die Gegensätze zwischen Arm und Reich werden in der Bay-Area immer größer."
Marcus Schuler, Deutschlandfunk Nova

Für eine Einzimmerwohnung in San Francisco zahlen die Bewohner mehr als 2500 Euro. Das können sich viele nicht mehr leisten, sie pendeln zwei Stunden pro Fahrt oder übernachten in Wohnwagen. Deshalb folgen hier immer mehr der sozialistischen Partei und einige Entwickler organisieren sich nun in Gewerkschaften. Das kann allerdings auch nach hinten losgehen, meint Marcus, kürzlich wurden Angestellte einer Tech-Firma gefeuert, angeblich aus strategischen Gründen - aber genau diese Entwickler, hatten sich kurz davor in Gewerkschaften organisiert. Dass bald die meisten Entwickler in Gewerkschaften organisiert sein werden, glaubt Marcus nicht. Immerhin: Immer mehr Menschen realisierten, wie ungerecht es im Silicon Valley zugeht.

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Shownotes
Silicon Valley
Bitte keine Gewerkschaft
vom 18. Mai 2018
Moderation: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Marcus Schuler, Deutschlandfunk Nova