Eineiige Zwillinge können es der Polizei ziemlich schwer machen. Doch mit ein bisschen Mühe sind ihre DNA-Spuren für Forensiker unterscheidbar. Mark Benecke erklärt, wie das genau funktioniert.
Zwillingsbrüder, die in Norditalien für eine Serie von Überfällen und Diebstählen verantwortlich gemacht werden, sind von der italienischen Justiz zum dritten Mal freigesprochen worden. Der Grund: Die Richter können nicht feststellen, welcher der beiden Männer die Taten begangen hat.
Anhand des genetischen Fingerabdrucks lassen sich eineiige Zwillinge in der Tat nicht unterscheiden, sagt der Kriminalbiologe und Forensiker Mark Benecke.
"Wir schauen auf Bereiche, die bei eineiigen Zwillingen leider genau gleich sind. Es gäbe auch andere Bereiche aus dem Immunsystem, diese sind aber komplizierter zu gewinnen."
Er erinnert daran, dass genetische Fingerabdrücke bereits 1984 erfunden wurden. Diese Spur berücksichtigt immer nur ein bestimmtes Set genetischer Merkmale. Dieses ist seit den 90er Jahren festgelegt. Bei eineiigen Zwillingen sind diese für das forensische Verfahren ausgewählten Bereiche allerdings identisch. Also: Eineiige Zwillinge können mit dem typischen Verfahren eines genetischen Fingerabdrucks nicht unterschieden werden. Ein Nachteil, den die Entwickler des Verfahrens zum genetischen Fingerabdruck allerdings bewusst in Kauf genommen haben, sagt Mark Benecke.
DNA-Unterschiede im Bereich des Immunsystems
Das bedeutet aber nicht, dass die Erbsubstanz eineiiger Zwillinge völlig identisch ist. Sie unterscheidet sich im Bereich des Immunsystems. Diese genetischen Informationen seien allerdings nur mit recht großem Aufwand zu gewinnen, sagt Mark Benecke. Gemeinsam mit Kollegen habe er, als er noch an der Universität Köln arbeitete, selbst eine Methode veröffentlicht, mit der eben diese genetische Unterscheidung eineiiger Zwillinge möglich ist.
"Zufälligerweise haben Daniel Schlieper, Andreas Ehrlich und meine Wenigkeit eine Methode veröffentlicht, wie man eineiige Zwillinge unterscheiden kann, indem man B-Zellen benutzt, die im Knochenmark gebildet werden."
Um diese Unterscheidung zu machen, müssen an einem Tatort allerdings Blutspuren gesichert werden. Dazu bräuchten die Ermittler am besten noch einen sogenannten Zellsorter, um auswertbare Proben gewinnen zu können.
"Das funktioniert also immer dann, wenn sich jemand an einer Glasscheibe schneiden würde, oder wenn sich jemand mit einem Messer schneiden würde, was sehr häufig passiert."
Eine eindeutige Spur - jenseits von DNA - hinterlassen allerdings auch eineiige Zwillinge: Fingerabdrücke. Diese Linien entstehen noch bei Ungeborenen im Mutterleib. Die verdächtigen Zwillinge in Italien, von denen oben die Rede war, waren offenbar vorsichtig. Sie haben vermutlich Handschuhe verwendet.
"Die Linien auf der Haut sind bei eineiigen Zwillingen tatsächlich unterschiedlich, weil sie im Mutterleib unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt sind."
Mehr zu Forensik und Genetik bei Deutschlandfunk Nova:
- Serienmörder: Warum Killer so interessant sind | Mord und Totschlag am besten in Serie: Vor 130 Jahren hat alles angefangen - mit Jack the Ripper. Warum tun wir uns das an? Wir haben mit dem Kriminalbiologen Mark Benecke gesprochen
- Das Eis sichert die Spuren: So identifiziert man eine Gletscherleiche | Wenige Überreste und ziemlich viele Spuren: Was gibt eine Leiche preis, die seit Jahren im Eis der Alpen lag? Darüber haben wir mit dem Forensiker und Kriminalbiologe Mark Benecke gesprochen.
Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de