Hört ihr beim Lernen oder Arbeiten Musik? Dann lasst das in Zukunft lieber. Denn Forscherinnen und Forscher haben herausgefunden, dass uns Musik hören nicht beim kreativen Denken hilft. Veronika von Borries aus der Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion hat sich die Studie mal angesehen.

Die Forscherinnen und Forscher aus Schweden und Großbritannien hatten Zweifel an dem Mythos, dass Musik uns kreativer macht. Daher haben sie die These systematisch in Laborexperimenten untersucht. Das Ergebnis: Wenn wir gute Ideen brauchen, sollten wir uns hinsetzen, auf die Aufgabe konzentrieren – und Musikhören vermeiden, genauso wie zu laute Hintergrundgeräusche.

"Die Ergebnisse sind wirklich ziemlich deutlich: Wenn man wirklich ein paar gute Ideen braucht, dann sollte man sich hinsetzen, vielleicht am besten in eine Bibliothek, sich auf die Aufgabe konzentrieren und vor allem: Musikhören vermeiden, sonst leidet die Kreativität."
Veronika von Borries, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion

Kreativität mithilfe von Tests messen

Mittlerweile lässt sich Kreativität anhand von bestimmten Tests messen. Wer kreativ ist, soll auch komplexe Problemstellungen lösen können. Dabei ist es wichtig, dass die Problemlösung sich nicht rein logisch aus der Problemstellung erschließen lässt – es müssen vielmehr neue Verbindungen hergestellt werden. Zum Beispiel zwischen Gegenständen oder Worten oder Ideen.

"Psychologen haben dafür mittlerweile eigentlich ganz gute Tests. Die Grundannahme ist, dass Kreativität eine bestimmte Art Probleme zu lösen voraussetzt."
Veronika von Borries, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion

Daher gehören zu den Standardtests oft Sprachtests: Menschen müssen unter anderem ein Wort finden, das drei andere Begriffe miteinander verbindet. Zum Beispiel: Hut, Milch, Energie. Die Lösung wäre dann: Sonne. Oder ein anderer Test: in einer vorgegebenen Zeit so viele Verwendungsmöglichkeiten wie möglich für einen Gegenstand aufsagen. Das Gute an den Tests: Die Ergebnisse sind vergleichbar.

Die Probanden der Studie bekamen eben genau solche Wortfindungstests von den Forscherinnen und Forschern vorgelegt: mit drei Begriffen, für die sie jeweils das verbindende Wort herausfinden mussten. Während der Tests waren die Testpersonen folgenden Szenarien ausgesetzt: Sie bekamen entweder Musik zu hören oder Umgebungsgeräusche einer Bibliothek oder es war still. Das Ergebnis: Die Probanden mit der Musik auf dem Ohr schnitten deutlich schlechter ab, als die anderen beiden Gruppen.

Musik lenkt wahrscheinlich das Hirn ab

Warum das so ist, darüber können die Forscherinnen und Forscher nur spekulieren. Denn sie haben während der Experimente keine Hirnströme oder Ähnliches gemessen, um zu sehen, was im Gehirn passiert. Sie nehmen aber an, dass Musik das Gehirn ablenkt, also Kapazitäten blockt. Es scheint so zu sein, dass es unserem Gehirn schwerfällt, Musik auszublenden. Auch bei Hintergrundgeräuschen – es sei denn, sie sind wirklich dezent, wie in der Regel in einer Bibliothek.

"Grob gesagt ist wohl einfach so, dass Musik das Hirn wahrscheinlich ablenkt. Das heißt, die Musik blockiert Kapazitäten, die das Hirn eigentlich bräuchte, um seine sprachlichen Fähigkeiten auf allerhöchstem Niveau abzurufen."
Veronika von Borries, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion

Dabei scheint es egal zu sein, ob die Musik Worte enthält oder rein instrumental ist: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in drei Experimenten verschiedene Songs getestet. Ein Song war auf Spanisch – die Probanden haben ihn nicht verstanden, da sie kein Spanisch sprechen könnten. Ein weiterer Song war ein beliebter in ihrer Muttersprache und der dritte Instrumental. Die Ergebnisse waren immer gleich.

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vom 27. Februar 2019
Moderatorin: 
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Gesprächspartnerin: 
Veronika von Borries, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion