Keine Zeit, die Bachelorarbeit zu schreiben? Einfach einen Ghostwriter engagieren. Strafbar ist das nicht. Viel wichtiger ist in diesem Zusammenhang etwas anderes: die Frage nach der Gerechtigkeit.
Plagiatsfälle wie der des Karl-Theodor zu Guttenbergs haben dafür gesorgt, dass Universitäten in Deutschland sensibler geworden sind und mehr darauf achten, dass Hochschulabsolventen sauber arbeiten. Abschreiben ist aber nur das eine - dafür gibt es inzwischen ziemlich zuverlässige Software, die entsprechende Stellen rausfischt. Schwieriger nachzuweisen ist, ob sich jemand einen Ghostwriter geleistet hat, sagt Prof.Dr. Reinhard Singer von der Berliner Humboldt-Uni.
"Bei einer Studienarbeit, bei einer Hausarbeit, kann man nicht überprüfen, ob die oder der Betreffende schreibt oder nicht schreibt."
Das Thema Ghostwriting ist ja nicht neu. Untersucht wurde es schon im Jahr 1978. Damals hatten Forscher laut einer Studie herausgefunden, dass 4 Prozent der Studierenden weltweit schon einmal jemand anderen für sich haben schreiben lassen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl aber auf 15 Prozent gestiegen. Das heißt, inzwischen betrügt jeder Siebte.
Ghostwriting anzubieten, ist nicht strafbar
Ghostwriting-Agenturen zu finden, ist auch gar nicht schwer. Kurz gegoogelt, fertig. Die haben meistens einen Pool an Freelance-Schreibern, die ziemlich geübt darin sind, schnell wissenschaftliche Arbeiten zu schreiben. Und diese zu engagieren, ist auch ganz leicht. Man muss nur angeben, für welches Fach man die Arbeit braucht und wie viele Seiten sie haben soll.
Dass es so leicht ist, liegt wahrscheinlich daran, dass es nicht strafbar ist, seine Dienste als Ghostwriter anzubieten. Sie in Anspruch zu nehmen, zwar auch nicht, aber es ist wissenschaftliches Fehlverhalten, sagt Uni-Professor Reinhard Singer, und hat prüfungsrechtliche Konsequenzen. Sprich: Wenn es rauskommt, fallt ihr durch.
Ghostwriter zu nutzen, ist ein Gerechtigkeitsproblem
Trotzdem sind Ghostwriter attraktiv. Gerade für Studierende mit extremem Zeitdruck oder mit viel Geld. Eine Bachelorarbeit kostet zwischen 1000 und 2000 Euro - wenn dir erst drei Tage vorher einfällt, dass du eine Arbeit brauchst, kann es auch schon mal bis zu 4000 Euro kosten. Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Nina Bust-Bartels sagt, das ist ein Gerechtigkeitsproblem.
"Wer von zu Hause Geld hat, kann es sich leisten, statt in der Bibliothek zu sitzen, im Park rumzuhängen. Oder wer seine Hausarbeiten nicht selber schreiben muss, kann in den Semesterferien Praktika machen."
Wer Ghostwriter engagiert, macht es sich also nicht nur selbst leicht, sondern verschafft sich auch einen Vorteil, wenn es später darum geht, einen guten Job zu kriegen, sagt Nina Bust-Bartels weiter.
Einzige Hoffnung all der ehrlichen Uni-Absolventen: dass die Betrüger auffliegen. Bei Seminararbeiten ist das zwar noch ziemlich unwahrscheinlich, aber bei Doktorarbeiten und mittlerweile oft auch bei Masterarbeiten gehört eine sogenannte Verteidigung dazu. Da muss der Student oder die Studentin anschließend eine mündliche Prüfung über die Arbeit bestehen. Und dabei fällt dann auf, wenn jemand keine Ahnung vom Thema hat.
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